E. Effekte eines Solidarischen Bürgertickets

VII. Angenommene Effekte

Die Idee des Solidarischen Bürgertickets ist weder in Deutschland noch woanders auf der Welt nach den uns vorliegenden Informationen umgesetzt worden, auch wenn es ähnliche Ansätze schon gab, z.B. mit Kurtaxen oder steuerfinanzierten Nulltarifen wie in Hasselt (BE) und Tallin (EST). Wir fordern daher einen zweijährigen, wissenschaftlich begleiteten Modellversuch. In dieser Phase soll das Solidarische Bürgerticket von Bund, Land und EU gefördert werden. Am Ende der Projektphase sollen die Bürger*innen der Stadt per Ratsbürgerentscheid über eine Beibehaltung, Modifikation oder Abschaffung des Bürgertickets entscheiden können.

Die Bürgerticket Initiative Wuppertal erwartet folgenden Effekte im Falle der Einführung des bislang skizzierten Solidarischen Bürgertickets:

a.       Ökonomie:

Angenommen, der vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ermittelte „Nutzen des ÖPNV in Ballungsraum und Stadtverkehr“ liegt auch in Wuppertal beim 4,2 bis 4,4fachen der investierten Mittel, liegt der gesamtwirtschaftliche Nutzen des Solidarischen Bürgertickets (Aufwand = 163 Mio. €) bei mindestens 648 Mio. € Dieser Wert kommt der Stadt Wuppertal und ihren Bürger*Innen zu gute.



Durch den Entfall des steuerlichen Querverbundes wird aus dem bisherigen Defizit der WSW mobil GmbH ein Gewinn der WSW in Höhe von ca. 50 Mio. €. Diese Summe soll dazu eingesetzt werden, die WSW konkurrenzfähig zu machen, Energiepreise zu senken und in den städtischen Haushalt investiert werden. Sofern es sinnvoll ist, kann das Modell des steuerlichen Querverbundes auch mit anderen, weniger kostenintensiven Sparten, z.B. den städtischen Schwimmbädern, fortgeführt werden. Der städtische Haushalt wird dadurch dauerhaft entlastet und die Stadt Wuppertal kann endlich wieder in ihre Zukunft investieren.

Durch eine Steigerung des Anteils des ÖPNV an den Verkehrswegen (Ziel = 33%) wird der städtische Haushalt im Bereich des Unterhalts für Straßen und Verkehr entlastet. Über die Höhe ist uns keine seriöse Schätzung möglich.

Durch eine Senkung der Kosten für bedürftige Menschen und durch die Heranziehung per Nahverkehrsabgabe wird es in Wuppertal weniger Schwarzfahrer*innen geben.

b.       Umwelt



Die Effekte auf die Umwelt sind natürlich abhängig von der Umsetzung des Bürgertickets und können durch begleitende Maßnahmen gesteigert oder vermindert werden. Das Solidarische Bürgerticket wird nachweisbare Effekte im Bereich des Klimaschutzes (CO2-Emissionen), der Luftqualität (NOx und Feinstaub) und dem Flächenverbrauch haben.

Wir gehen davon aus, dass das Solidarische Bürgerticket das Potential hat, die CO2-Emissionen in Wuppertal um 16-20% zu senken. Das ist besonders bemerkenswert, weil seit 1990 im Verkehrssektor in Deutschland keine einzige Tonne CO2 eingespart werden konnte.

Außerdem können Stickstoffoxidemissionen (NOx) in Höhe von 7-20% weniger emittiert werden und 17-29% weniger Partikelemissionen (Feinstaub).

Die Verlagerung von PKW-Verkehr auf den ÖPNV ermöglicht die Nutzung von Parkflächen durch die Umwelt, sei es menschlicher Aufenthaltsraum oder natürlicher Lebensraum, z.B. für Straßenbäume, die das Lokalklima in den Straßenzügen zum Positiven verändern.

c.       Stadt & Gesellschaft



Durch einen erhöhten Anteil des ÖPNV – und idealer Weise auch des gesamten Umweltverbundes – an den Verkehrswegen, durch eine stetige Modernisierung und Dekarbonisierung der Busflotte wird der Anteil der Stickoxide, des Feinstaubs und des CO2-Ausstoßes massiv gesenkt. Die Luft in unserer Stadt wird gesünder, angenehmer und die Menschen werden länger leben. Wir verhindern einen lebensfeindlichen Anstieg der Erderwärmung durch den Klimawandel in Verbindung mit anderen Maßnahmen des Klimaschutzes.

Durch weniger Flächenverbrauch bei einer verstärkten Nutzung des ÖPNV werden bisher vom Verkehr genutzte Flächen in der Stadt frei für eine umweltfreundlichere, lebenswertere Nutzung, sei es als Raum für die Natur (z.B. für Stadtbäume), für Cafés, als Spiel- und Ruheflächen, als Begegnungsraum in den Vierteln unserer Stadt und zum Abstellen von Fahrrädern.

Weniger geparkter Individualverkehr macht unsere Straßen sicherer, gerade für die Kinder in unserer Stadt. Bessere Sichtverhältnisse, weniger Stress und Investitionen in die Verkehrssicherheit sollen dafür sorgen, dass in unserer Stadt niemand mehr im Straßenverkehr sterben muss. (Vision Zero)

Wir erwarten, dass ein erfolgreich umgesetztes Modellprojekt in Wuppertal zahlreiche Nachahmer finden wird und damit die hier dargelegten Effekte noch potenziert werden – und die Nutzer*innen des Wuppertaler Bürgerticket in vielen Städten den ÖPNV kostenfrei nutzen können, wenn Bürgertickets städteübergreifend gegenseitig anerkannt werden.

Ein Verlagerungseffekt von Fußgänger, Rad und PKW wird es geben, allein die Höhe ist schwer zu schätzen. Wir schätzen, dass es Verkehrsverlagerungen auf den ÖPNV in Höhe von 25 % vom PKW, 5% vom Fußverkehr und 10 % vom Radverkehr geben wird.



Insgesamt wäre das eine Verlagerung von ca. 30 % zum ÖPNV. Der ÖPNV könnte dann in Zukunft ein Drittel aller Wege stellen. Wir erwarten, dass der mit dem ÖPNV auch der Umweltverbund gestärkt wird, sodass auch Rad- und Fußverkehr zusammen ein weiteres Drittel der Wege stellen können. Hinzu kommt langfristig eine Sozialisation der mit dem Bürgerticket aufwachsenden Generation, für die das Solidarische Bürgerticket von Anfang an zu Ihrem Leben und Ihrer Zukunft gehören wird.

Der PKW wird in weiten Teilen Wuppertals überflüssig sein, in den Fällen, in denen er notwendig ist, kann der Verkehr elektrisch betrieben werden.

d.      Solidarität

Im Name des Bürgertickets steht das Wort „Solidarisch“ ganz bewusst an erster Stelle. Das Prinzip wurde bereits erläutert, aber natürlich stehen dem auch zwei ganz entscheidende Effekte gegenüber. Das Solidarische Bürgerticket ermöglicht Mobilität für alle Einwohnenden in Wuppertal. Das bedeutet nichts Geringeres als die Teilhabe an allen gesellschaftlichen Aktivitäten für Rentner*innen, Arbeitslose und wirtschaftlich schwache Menschen. Wir schließen diese nicht von der Mobilität aus, sondern schließen sie ein. Mobilität bedeutet Arztbesuche, Amtsgänge, Teilnahme an Bürgerbeteiligungsformaten, Freizeitaktivitäten und Anreise zu Bildungsstätten wie der Volkshochschule und der Junior Universität. Mobilität bedeutet Verwandtenbesuche, Krankenbesuche, Arbeitswege, die Wahrnehmung von Praktika und der Besuch von Veranstaltungen aller Art. Mobilität bedeutet auch Konsum und Inanspruchnahme von Dienstleistungen in Wuppertal. Darüber hinaus bedeutet Solidarität für uns, unseren Kindern und Kindeskindern eine lebenswerte, klimaschützende und nachhaltige Stadt als Lebensraum zu hinterlassen. Wir wollen eine kindergerechte Stadt.