Gutachten bestätigt Machbarkeit des Solidarischen Bürgertickets in Wuppertal
Bürgerticket Initiative fordert einen Modellversuch
Wuppertal, 31. Januar 2017: Am gestrigen Montag haben der Verein PiKo NRW und die Landtagsfraktion der Piraten in Düsseldorf die Machbarkeitsstudie „Bus und Bahn fahrscheinfrei in NRW“ vorgestellt. Die renommierte Verkehrsunternehmensberatungsgesellschaft „tjm-consulting mobilitätsmanagement“ stellt darin die grundsätzliche Machbarkeit eines Solidarischen Bürgertickets fest und benennt Handlungsempfehlungen zur Einführung eines Bürgertickets.
Zwei Varianten haben sich anhand der Studie als machbar erwiesen. Zum einen ein Bürgerticket auf Basis monatlicher Beiträge aller Bürger Wuppertals, mit sozialverträglichen Staffelungen für Schüler, Schwerbehinderte etc. Das andere Modell basiert hingegen auf der Idee mit einem grundsteuerbasierten Beitragsmodell die Erschließung durch den ÖPNV zu finanzieren und keine Fahrscheine mehr zu erheben.
Beide Modelle machen den Nahverkehr langfristig finanzierungssicher, sind solidarisch, ökonomisch sinnvoll und helfen den Klimawandel zu bekämpfen. Das ist besonders wichtig vor dem Hintergrund, dass vor wenigen Tagen bestätigt wurde, dass das Jahr 2016 das heißestes Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung gewesen ist, knapp gefolgt von 2015 und 2014. Das Pariser Klimaabkommen ist im November 2016 in Kraft getreten und verpflichtet uns alle, den CO2-Ausstoß drastisch zu verringern, um den Klimawandel zu begrenzen. Dieses Ziel ist im Verkehrssektor nur zu erreichen, wenn bestehende Strukturen und Denkmuster aufgebrochen werden. Der Umweltverbund aus Rad- und Fußverkehr sowie dem ÖPNV muss massiv gestärkt werden. Bei der Vorstellung der Studie am vergangenen Montag betonte der Gutachter Thomas Mager: „Der Verkehrssektor ist der einzige, dessen Klimaschädlichkeit zunimmt. Wir brauchen dagegen eine Mobilitätsstrategie.“
Am 26. Januar 2017 hat die Enquetekommission zur Finanzierung, Innovation und Nutzung des Öffentlichen Personenverkehrs im Landtag zahlreiche Hinweise dazu in ihrem Abschlussbericht veröffentlicht. Im April 2016 stellte bereits der Wuppertaler Beigeordnete Frank Meyer im Verkehrsausschuss fest: „Wir müssen über eine neue Finanzierung, über alternative Möglichkeiten für den Nahverkehr reden.“ (Wuppertaler Rundschau, 21.4.16)
„Es liegen mittlerweile viele wissenschaftliche Arbeiten vor, die zukunftsfähige Ideen für den Wuppertaler ÖPNV erarbeitet haben. Die Energiewende und die damit einhergehende Schwächung des Verbunds aus Energiewirtschaft und ÖPNV-Betrieb im Konzern des WSW machen es unumgänglich, die bisherige Finanzierung des ÖPNV in Wuppertal zu ändern. Am Rathaus-Balkon hängt stolz ein Banner mit einem Zitat aus der Zeitung „Die Welt“. Es lautet: „Mehr Wuppertal wagen“. Es ist an der Zeit, dass der Mut, der hinter diesem Slogan steckt, auch im Verkehrssektor zu Tage tritt,“ erklärt Jan Niko Kirschbaum von der Bürgerticket Initiative Wuppertal. „Wir laden alle demokratischen Parteien, die Wuppertaler Stadtwerke und die Bürger der Stadt ein, mit uns zusammen zu überlegen, wie ein solidarischer, umweltfreundlicher, attraktiver Nahverkehr in Zukunft aussehen kann und wie wir ihn zum Wohle der Stadt zusammen finanzieren können.“
Die Bürgerticket Initiative Wuppertal fordert:
- vom Rat der Stadt Wuppertal die Bereitschaft, die bestehende Verkehrsfinanzierung im Hinblick auf die Ziele des Pariser Protokolls zu hinterfragen und eine zukunftsfähige Mobilität für alle Bürger durch ein solidarisches Finanzierungsmodell zu ermöglichen.
- von der Verwaltung der Stadt Wuppertal, Vorschläge für eine langfristig sichere Finanzierung des ÖPNV zu machen und Ideen vorzulegen, wie der ÖPNV leistungsfähiger und attraktiver gestaltet werden kann, insbesondere vor dem Hintergrund der jetzt laufenden langfristigen Nahverkehrsplanung.
- vom Land Nordrhein-Westfalen den Mut, einen Pilotversuch in Wuppertal mit Hilfe einer Änderung des Kommunalabgabengesetzes und finanzieller Unterstützung durchzuführen.
Die Bürgerticket Initiative Wuppertal ist überparteilich und wird u.a. vom VCD Bergisches Land, dem Bündnis Unsere Stadtwerke und Pro Bahn Bergisches Land unterstützt.
Informationen zum Konzept: www.bürgerticket-wuppertal.de
Informationen zur Studie: www.fahrscheinfrei.de
An wissenschaftlichen Arbeiten liegen bereits vor:
- Oscar Reutter, Fredereric Rudolph und Thorsten Koska, Von der Auto-Stadt zu einer Stadt des Umweltverbunds : zehn Leitlinien zur Verkehrswende in Wuppertal (2016)
- Gregor Waluga, Flexibilisierung des ÖPNV durch ein umlagefinanziertes Bürgerticket. Dissertation (erscheint 2017).
- Wuppertal Institut (Hg.), Zukunftsfähige Stadtentwicklung: Low Carbon City Wuppertal 2050, Wuppertal 2012.
- Machbarkeitsstudie „Bus und Bahn fahrscheinfrei in NRW“ (2017)
- Landtag NRW (Hrsg.) Drucksache 16/13950: Abschlussbericht der Enquetekommission zu Finanzierungsoptionen des öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels (Enquetekommission IV). Düsseldorf. (2017)
- Abschlussbericht der NRW ÖPNV-Zukunftskommission (2013)
- Finanzierung des ÖPNV durch Beiträge. Ist das Beitragsmodell eine Handlungsoption zur Finanzierung eines attraktiven ÖPNV-Betriebs? (DIFU-Institut 2014)
- Christian Maaß, Gregor Waluga und Raphael Weyland, Fahrscheinlos. Grundlagen- und Machbarkeitsstudie Fahrscheinloser ÖPNV in Berlin. (2015)
- Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Neuordnung der Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs Bündelung, Subsidiarität und Anreize für ein zukunftsfähiges Angebot (2010)
- Mercator Stiftung: Neue Mobilität für die Stadt der Zukunft (2013)