Es gab in Wuppertal einmal einen Ort, der war öde, menschenleer und hässlich. Nun ist er eine neue Lebensader der Stadt, die Rede ist natürlich von der Nordbahntrasse.
Sie zeigt, dass wir Verkehr und Stadtbild neu denken können und müssen. Je mehr Leute den Nahverkehr nutzen, desto mehr Platz bleibt für die Gestaltung des öffentlichen Raums, für Cafés, Spielplätze, Gärten.
Und: Wenn mehr Menschen in den ÖPNV umsteigen, profitieren alle, gerade auch jene, die auf das Auto angewiesen sind.
Das neue Umweltbewusstsein
Laut einer Studie des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein wünschen sich 82% der Befragten, bei 14-17jährigen sogar 92%, dass sich Städte und Gemeinden vom Autoverkehr abwenden und dem Rad-, Fuß- und Nahverkehr zuwenden. Denn Straßenlärm und Luftverschmutzung werden immer mehr zur Belastung der Bevölkerung, besonders derjenigen, die sich keine Wohnung in verkehrsberuhigten Vierteln leisten können. Car-Sharing wird daher auch immer beliebter.
Als man in Hasselt 1997 den kostenlosen ÖPNV einführte (kein Bürgerticket nach unserer Idee), konnte man vierspurige Straßen auf zwei Spuren zurückbauen und 400 Bäume pflanzen und die Verkehrssicherheit erhöhen. Vielleicht sollten wir neu definieren, was lebenswert bedeutet?
Eine Stadt für jedes Alter
Jan Gehl, der mit seinen Ideen dazu beigetragen hat, dass Kopenhagen eine der lebenswertesten Städte der Welt ist, misst die Lebensqualität einer Stadt daran, wie gerne sich alte Menschen und Kinder auf den Plätzen und Straßen der Stadt aufhalten. Denn nur dort, wo sich Menschen begegnen können, da ist die Stadt lebenswert. Die Luisenstraße ist dafür ein hervorragendes Wuppertaler Beispiel.
In New York hat Jan Gehl den Times Square so umgestaltet, dass die Menschen sich gerne dort aufhalten. In einem Liegestuhl zum Beispiel.
Lebensqualität ist das Kapital der Stadt
Die Steigerung der Lebensqualität einer Stadt ist kein Selbstzweck. Lebensqualität ist – gerade in Wuppertal – das einzige Kapital, mit dem sie werben kann. Wo man gerne und gut lebt, da wird investiert, da kommen Unternehmen, da zieht die junge Generation nicht weg in andere, modernere Städte.
Wenn wir ehrlich sind: Was gefällt uns an attraktiven Städten? Es sind nicht die großen Kreuzungen, an denen wir kaffeetrinkend sitzend den Verkehr beobachten. Es sind die baumbestandenen Plätze mit Cafés und Restaurants, es sind Altstadtviertel, ruhige, verborgene Winkel, Flaniermeilen am Fluss, Fußgängerzonen, Marktplätze und im Sommer die Parks mit grünen Wiesen.
Das schaffen wir natürlich nicht alles von heute auf morgen. Aber mit dem Bürgerticket die Straßen zu entlasten, mehr zu Fuß gehen und das Radfahren zu erleichtern, wäre ein guter Anfang. Damit Wuppertal bald eine Stadt ist, in der sowohl der Achtjährige als auch der Achtzigjährige gerne leben.
Wuppertal hat sich schon oft neu erfunden. Schreiben wir ein neues Kapitel unseres Stehaufstädtchens!