Wirtschaftsfaktor ÖPNV. Das Beispiel Hagen.

Motor für Hagen„, so lautet der Titel einer Studie des Eduard Pestel Instituts für Systemforschung im Auftrag der Hagener Straßenbahn AG (HST). Das Ziel dieser Studie war es herauszufinden, welche „regionalen Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte“ die HST auslösen. Es geht also darum, den volkswirtschaftlichen Nutzen der betriebswirtschaftlich defizitären HST zu ermitteln.  Dafür hat das Institut untersucht, wie viel der jährlichen Ausgaben in Höhe von 42 Mio. € in Hagen verbleiben. Diese 42 Mio € verteilen sich auf 29,5 Mio. € Vorleistungen (Einkauf von Sachgütern, Vergabe von Leistungen an Dritte) und 13 Mio. € Wertschöpfung (Löhne, Sozialabgaben, Gebühren, Steuern). Hiervon verblieben 2009 21,3 Mio. € Vorleistungen und 7,7 Mio. € Wertschöpfung in Hagen. Rechnet man das um, so verbleiben von jedem Euro, den die Hagener Straßenbahn (die paradoxerweise zur Buslinien betreibt) ausgibt, 68,9 Cent in der Stadt.
Hinzukommen die Effekte der sogenannten indirekten Wertschöpfungskette.

Die Mitarbeiter der HST leben überwiegend in Hagen und geben dort ihr Geld aus, die öffentliche Hand wiederum investiert die Mittel, die aus den Steuern und Gebühren der HST resultieren. Das Peutel-Institut beziffert diese indirekten Effekte auf 20 Mio. €, womit die Geschäftstätigkeit der HST insgesamt 27,7 Mio. € Wertschöpfung in Hagen generiert.
Doch die HST generiert nicht nur Wertschöpfung, sondern auch Arbeitsplätze. (Sie wissen schon, diese Dinger, weswegen die Autoindustrie in Deutschland heilig ist). 295 Beschäftigte sind direkt bei der HST angestellt, weitere 304 Beschäftigte leben von den Aufträgen und Investitionen der HST und 179 Arbeitsplätze entstehen dadurch, das die Beschäftigten der HST ihr Geld ausgeben. Durch jeden direkten Arbeitsplatz bei den HST entstehen so durchschnittlich 1,6 weitere Arbeitsplätze in Hagen.
Damit ist die HST sogar noch wichtiger als die „großen“ Kölner Verkehrsbetriebe, bei denen „nur“ ein zusätzlicher Arbeitsplatz pro Mitarbeiter geschaffen wird. (Studie: Regionaler Nutzen der Kölner Verkehrs-Betriebe)
Der Hagener Oberbürgermeister sagt dazu:
„Die Hagener Straßenbahn AG hat erstmals eine „Standortbilanz“ vorgelegt. Ich halte das für eine gute Idee: Zu zeigen, welche Auswirkungen die eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten auf die Stadt haben. Dabei geht es nicht um die übliche Bilanz. Die bekommen wir jedes Jahr zu Gesicht – und da freuen sich die Verantwortlichen der Stadt, wenn das Defizit wieder etwas kleiner geworden ist. Denn mehr geht nicht, der öffentliche Nahverkehr kann kein profitables Geschäft sein.
In dieser besonderen Bilanz schauen wir sozusagen über den „Tellerrand“: Was stößt die Hagener Straßenbahn in der Stadt an wirtschaftlichen Effekten an, über ihre unmittelbaren Leistungen hinaus? […] Diese Zahlen halte ich für sehr spannend. Sie zeigen, dass der Blick allein auf den defizitären Nahverkehr zu eng ist. Vielmehr wären das Hagener Wirtschaftsleben und der Arbeitsmarkt um einiges ärmer ohne ihn. So betrachtet, gehört die Hagener Straßenbahn umso mehr zu den Leistungsträgern unserer Stadt.“
Über den betriebswirtschaftlichen Tellerrand zu gucken, wäre sicherlich auch für den Wuppertaler Rat eine spannenden Veränderung des Blickwinkels. Denn in dieser Studie fehlen noch einige Leistungen der Hagener Straßenbahn AG: zum Beispiel die Effekte, die durch Einsparungen an CO2 entstehen, durch geringere Staukosten, den positiven Effekten auf die Lärmemissionen und geringere externe Kosten des Autoverkehrs.