Das Wuppertal Institut empfiehlt: Ein Solidarisches Bürgerticket für Wuppertal

Das renommierte Wuppertal Institut hat im Juli 2012 einen Abschlussbericht zur Sondierungsstudie „Zukunftsfähige Stadtentwicklung: Low Carbon City Wuppertal 2050“ vorgelegt. Die Studie hatte das Ziel, am Beispiel der Stadt Wuppertal Instrumente zu untersuchen und zu entwickeln, die eine zukunftsfähige Stadtentwicklung im Hinblick auf Treibhausgasemissionen und Ressourcenschutz ermöglichen. Dabei gehört zu einem der drei zentralen Untersuchungsgegenständen der Verkehr. (Die anderen beiden lauten Energie und Stoffstrommanagement)
Hierbei wird festgestellt, dass in Wuppertal eine besondere Situation für einen Mobilitätswandel besteht. Die Stadt schrumpft in der Bevölkerungszahl und der Wirtschaftsleistung, öffentliche und private Kassen sind leer, und verfügt dazu noch über eine historisch und topografisch bedingte aufwändige Infrastruktur. Eines der Instrumente für ein ressourcen- und klimaschonendes Mobilitätswandel ist der Fachscheinlose Nahverkehr, vom Wuppertal Institut „Bürgerticket“ genannt.
„Das „Bürgerticket“ umschreibt eine Finanzierungsform öffentlicher Personennahverkehrsleistungen, bei dem der Fokus auf einer transparenten, gemeinschaftlichen (Mit-) Finanzierung nach dem obligatorischen Solidarprinzip liegt. Im Gegenzug stehen jedem Bürger alle Busse und Bahnen zur uneingeschränkten und entgeltfreien Nutzung, also ohne räumliche, zeitliche und quantitative Beschränkungen, offen.“ (S.93)

Folgende Berechnung stellt das Wuppertal-Institut an:

(S.95)

Nimmt man noch zusätzliche Kosten für den Schienen-Personen-Nahverkehr an, kommt man für einen Sozialversicherungspflichtig Beschäftigen auf eine Summe über 100 € pro Monat. Dennoch ist das günstiger als die Kosten eines PKWs, der Unterhalt eines Kleinwagen beginnt mit Kosten ab 350 € im Monat.

Würde man dieses solidarische Modell wählen, am besten über die in diesem Blog vorgeschlagenesoziale Regelung über die Grundsteuer B, die jeden mit seiner Leistungsfähigkeit belastet, wäre eine transparente und solidarische Finanzierung des Nahverkehrs möglich. Nach Möglichkeit sollte man Car- und Pedelec-Sharing in das Modell integrieren.

Besonders interessant ist die Wirkung des „Bürgertickets“ in der Prognose der Studie:

„Angenommene Wirkung
Das Bürgerticket wird seine Wirkung insbesondere bei denjenigen Bevölkerungsgruppenentfalten, die im Referenzfall über kein Ticket-Abonnement verfügen. Dies betrifft die Arbeits-, Besorgungs- und Freizeitwege, während bei den Ausbildungswegen der ÖPNV ohnehin einen hohen Anteil am Modal Split hat. Es wird weiterhin angenommen, dass sich durch das kostenlose Angebot mehr Nachfrage einstellt und damit sukzessive Taktungen und die Netzwirkung des ÖPNV verbessert werden können, was wiederum zu höherer Nachfrage führt. Im Jahr 2050 wird bei den Arbeitswegen der Anteil der Busse, S-Bahnen und der Schwebebahn ein Zuwachs von 20 Prozentpunkten angenommen. Bei den Besorgungs- und Freizeitwegen werden plus 5 bzw. plus 18 Prozentpunkte in 2050 und eine entsprechende Abnahme des PKW-Verkehrs angenommen. Das Bürgerticket wird für Freizeitwege ab 2040 besonders attraktiv, da für die 2030er Jahre seine bundesweite Einführung angenommen wird.“ (S.98)

Außerdem urteilen die Wissenschaftler:

„Ein Wuppertaler Bürgerticket hätte das Potenzial zum bundesweit beachteten Leuchtturmprojekt und könnte Ausgangspunkt für eine schrittweise Ausweitung sein.“(S.96)
„Das Bürgerticket etwa kann nicht nur eine deutliche Klimaschutzwirkung entfalten, sondern auch zu sozialer Teilhabe beitragen. Damit würde die Lebensqualität Wuppertal auch im Vergleich anderer Städte steigen.“(S.109)

Das PDF zur Studie gibt es hier.